Ein kleiner Stephen King-Overkill

Stephen King ist und bleibt einer meiner liebsten Autoren, ich habe eigentlich noch kein Buch von ihm gelesen oder gehört, das mich nicht angesprochen hätte. Nachdem ich zu Beginn des Jahres sein Sachbuch „Danse Macabre“ gelesen und viele Anregungen daraus gezogen hatte, musste ich diesen Anregungen ja auch folgen, was dann dazu führte, dass ich vor allem Werke anderer Autoren las. Doch nach „The Fog“ von James Herbert, „Rosemarys Baby“ und „Rosemarys Sohn“ von Ira Levin (hier) und „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“ von Ray Bradbury drängte es mich einfach, mal wieder (mindestens) ein Buch von Stephen King selbst zu lesen. Und dann wurden doch ein paar mehr daraus, sie lasen sich einfach zu gut, mein Vergnügen daran war riesig.

Desperation



Über den ersten der von mir ausgewählten King-Romane hatte ich erstaunlicherweise noch nie etwas gehört, er war für mich sowohl vom Titel als auch vom Inhalt her gänzlich unbekannt – also geradezu perfekt, um sich daran zu machen: „Desperation“.

Stephen King – Desperation

(Bildquelle: Apple Books, Screenshot des Buchcovers)

Eine extrem verkürzte Darstellung des Inhalts könnte bei „Desperation“ folgendermaßen aussehen:

Desperation ist ein verschlafenes Kaff im Nirgendwo. Der örtliche Polizist wird verrückt und beginnt, reihenweise Menschen zu töten. Durchreisende werden unter falschem Vorwand angehalten und eingesperrt oder getötet. Woran liegt es?



Was dieses Buch für mich besonders faszinierend gemacht hat, war die relativ schnelle Gangart in Kombination mit der düsteren Grundstimmung. Der Leser wird von Anfang an gnadenlos in die ziemlich fiese Handlung geworfen, es gibt für die Opfer des lauernden Polizisten keinerlei Gnade – das fühlt sich zuerst an wie eine Kurzgeschichte, breitet sich dann über zu viele Akteure aus, um in dem kurzen Rahmen zu existieren. Dennoch ist „Desperation“ für King-Verhältnisse kein langer Roman, er liest sich äußerst kurzweilig.

Als ich mich nach dem Hörbuch umsah, entdeckte ich, dass es kein deutschsprachiges gibt, was zuerst einmal eine kleine Enttäuschung war. Doch dann bemerkte ich, dass das englische Hörbuch von niemand geringerem als Stephen King persönlich gelesen wird. Da war es sofort entschieden: Das musste her. Und es hat mich völlig begeistert, denn wenn ein Autor seine eigenen Werke liest, ist das Ergebnis so nah wie nur irgend möglich an der damit verbundenen Idee.

Zwischen Nacht und Dunkel



Nach diesem Einstieg war ich bestens präpariert, gleich das nächste King-Buch in Angriff zu nehmen, dieses Mal eine Novellensammlung mit dem Titel „Zwischen Nacht und Dunkel“ (im englischen Original „Full Dark, No Stars“). Die vier Geschichten („1922“, „Big Driver“, „Faire Verlängerung“, „Eine gute Ehe“) verschlang ich binnen weniger Tage, auch wenn sie zum Teil recht düster ausfielen. Ehrlich gesagt: Das gesamte Buch ist von sehr finsterer Stimmung, aber dennoch so packend geschrieben, dass ein flüssiges Lesetempo sofort aufkam.

Meine zwei Favoriten waren „Big Driver“, eine Geschichte über die Vergewaltigung einer Romanautorin und ihre unerwartete Reaktion darauf, und „Eine gute Ehe“, eine absolut faszinierende Kurzgeschichte über eine Frau, die nach vielen Ehejahren plötzlich durch Zufall hinter das dunkle Geheimnis ihres Mannes kommt...

Full Dark, No Stars



Von „Zwischen Nacht und Dunkel“ gibt es wie schon bei „Desperation“ kein deutschsprachiges Hörbuch, dennoch war ich so angetan vom angenehmen Lesefluss, dass ich mir das englischsprachige Hörbuch „Full Dark, No Stars“ angeschafft habe, das hörte ich dann ein paar Tage lang beim morgendlichen Laufen. Auch wenn beide Leser (Craig Wasson und Jessica Hecht) sehr angenehm und der jeweiligen Geschichte angemessen lesen, wäre mir Stephen King als Vorleser noch eine Spur lieber gewesen. Bislang habe ich („Desperation“ und „Full Dark, No Stars“ inbegriffen) vier seiner Bücher mit ihm als Vorleser gehört, alle waren exzellent, daher bin ich ganz heiß darauf, noch weitere Bücher mit seiner Stimme zu hören.

Verfilmungen



Mehrere der Novellen wurden mittlerweile verfilmt, z.B. „Big Driver“ und „A Good Marriage“, doch habe ich noch keinen der Filme bislang gesehen. Das möchte ich aber noch nachholen, denn in beiden Fällen ist die Story höchst faszinierend, sodass ich gespannt bin, ob die filmische Umsetzung meiner eigenen Vorstellung ähnelt.

Albträume



Direkt im Anschluss wandte ich mich der Kurzgeschichten-Sammlung „Albträume“ (im englischen Original „Nightmares and Dreamscapes“) zu. Einige der Geschichten sind sehr kurz, ich las sie in ein paar Minuten, andere waren da schon umfangreicher, sodass ich sie auf zwei oder drei Tage verteilt las. Mit dem Buch bin ich derzeit noch nicht fertig, aber jede neue Geschichte ist bislang faszinierend gewesen.

Bis jetzt (ca. 80% des Buchs) hat mir „Popsy“ mit am besten gefallen. In dieser (von der Seitenzahl her betrachtet wirklich sehr überschaubaren) Geschichte beobachtet man die Entführung eines „Kindes“ aus der eher ungewöhnlichen Perspektive des Entführers. Doch diesem steht eine höchst unerfreuliche Überraschung bevor, kaum dass er den „Jungen“ in seinen Van gezogen hat...

Gwendys Wunschkasten



Als Abschluss des aktuellen Stephen King-Marathons habe ich mir das ca. zweieinhalbstündige Hörbuch von „Gwendys Wunschkasten“ bei einem Halbmarathon (mit ein paar Minuten davor und danach zum Umziehen und Duschen) angehört.

Stephen King und Richard Chizmar – Gwendys Wunschkasten

(Bildquelle: Apple Books, Screenshot des Hörbuchcovers)

Hier landet man als Hörer wieder in der fiktiven Stadt Castle Rock, in der schon viele seiner früheren Romane spielen. In der Geschichte erhält Gwendy von einem Fremden einen eigenartigen Kasten, der ihr viele Wünsche erfüllt, aber auch einige sehr dunkle Seiten mit sich bringt… Mir hat das Hörbuch auf jeden Fall gut getaugt, ich werde es sicher demnächst noch einmal anhören.

Fazit



Es hat gut getan, mal wieder eine Reihe von Stephen King-Büchern zu lesen und zu hören. Mein ganz großer Hunger ist damit erst einmal gestillt, ich werde sicher als nächste Lektüre das Buch eines anderen Autors einschieben. Dennoch kehre ich unter Garantie wieder zu meinem Liebelingsautor zurück, daran besteht kein Zweifel.

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